"Ich vertraue meiner Intuition"

Annica Heilborn ist leidenschaftliche Keramikkünstlerin – gepaart mit technischem Knowhow. Als Diplom-Ingenieurin hat sie sich im April vergangenen Jahres einen Traum erfüllt und ihr eigenes studio muud gegründet. Für die schoen.frau academy wird sie in ihrem Raum in der Kulturfabrik Cortendorf am 14. Juni einen ganz besonderen Workshop anbieten. Aber auch, wer keinen Platz ergattert hat, kann Annica in ihrem Studio oder einen der kommenden Workshops in diesem Jahr besuchen.

Annica, was bekommt man in deinem studio muud?

Im studio muud biete ich funktionelle Keramik aus Porzellan und Steinzeug an, hauptsächlich in Form von Bechern, Tassen und Schüsseln. Einige weitere Formen sind derzeit in Entwicklung. Mein studio muud ist ein kreativer Ort, an dem man auf einem für viele vielleicht noch unbekanntem Terrain während meiner Workshops experimentieren und die eigene Kreativität frei entfalten kann – es gibt hier wirklich kein Richtig oder Falsch. Wer zu mir kommt, erhält den Raum, sich mit seiner intuitiven und individuellen Kreativität auseinanderzusetzen, und das Ergebnis ist immer eine Überraschung und ein ganz individuelles Geschenk – auch an sich selbst.

Wo ist dein studio muud zu Hause?

Seit Oktober vergangenen Jahres habe ich einen eigenen Raum in der Kulturwerkstatt in Cortendorf, darüber bin ich total happy. Ich habe studio muud erst im April 2023 gegründet und gleich bei den Designtagen, die ja auch erstmals in der Kulturfabrik waren, Sachen von mir verkauft. Das lief total gut und hat mich dann darin bestärkt, den Vermieter mal anzusprechen, ob die denn nicht noch ein Plätzchen frei haben. Und ich hatte Glück. Nun gibt es studio muud in der Umgebung von ganz vielen anderen Kreativen, ich fühle mich da total wohl. Und was ich für eine besonders schöne Fügung halte, ist, dass die Kulturfabrik ja früher eine Porzellanmanufaktur war (lächelt), passt also perfekt.

Du bist also seit gut einem Jahr selbstständig?

Ja, genau. Und ich habe auch noch einen festen Job, ich arbeite als Diplom-Ingenieurin der Werkstoff- und Verfahrenstechnik bei einem Hersteller für 3D-Metalldruckanlagen. Nur war es schon viele Jahre mein Wunsch, mich auch mehr mit meiner Passion, der Keramikkunst, zu beschäftigen. In meiner Schwangerschaft 2019 ist es mir so richtig bewusst geworden, dass ich einem meiner Herzensbedürfnisse, und zwar dem Kreativsein, gar nicht genügend Raum gegeben habe in den Jahren zuvor. Und durch dieses Bewusstwerden hat sich dann diese Idee entwickelt, diesen Prozess, der mich im Kopf schon lange fasziniert hat, und über den ich mich viel informiert habe, nach meiner Schwangerschaft mehr anzugehen. Ich habe mir dann in Kaltenbrunn erstmal eine günstige Werkstatt gemietet, weil es mich so sehr gepackt hat, und ich es auch meiner Familie daheim nicht mehr zumuten wollte, in der Küche so eine provisorische Keramikwerkstatt aufgebaut zu lassen (lacht).

Und nun gibst du in der Kulturfabrik bereits Workshops. Was ist das Besondere an der Fertigung deiner Keramik?

Meine Keramik wird im Schlickergussverfahren hergestellt. Dabei wird flüssiger Schlicker, also sehr verdünnter Ton, in Gipsformen gegossen, im Gegensatz zum klassischen Drehen auf der Töpferscheibe. Die Form des fertigen Keramikstücks entsteht durch die Gipsform, was ermöglicht, sich voll auf die farbliche Gestaltung der Stücke zu konzentrieren. Den Gipsformenbau mache ich ebenfalls in meiner Werkstatt mithilfe von 3D-gedruckten Modellen, die ich zuvor am PC konstruiere. Ich experimentiere gerne mit eingefärbten Schlickern. Das Thema Wellen ist seit längerem zentral für mich und wird in den meisten meiner Stücke, mal bunt und mal schlichter, umgesetzt.

Jede Tasse von studio muud ist individuell und einzigartig. Wellen sind dabei Annicas Markenzeichen.

Was dürfen die Teilnehmerinnen beim schoen.frau academy-Workshop erwarten?

Sie werden zunächst etwas über das Material Porzellan, den Herstellungsprozess und die Techniken zur Anwendung von eingefärbten Schlickern lernen. Danach können sie selbst Hand anlegen und einen eigenen Becher herstellen. Meine Erfahrung ist, dass das immer ein spannender kreativer Prozess während eines ganz entspannten Kennenlernens ist. Allerdings müssen sie sich in Geduld üben, bis sie ihren persönlichen Wohlfühlbecher mit nach Hause nehmen können. Nach etwa vier Wochen können die fertigen Kunstwerke abgeholt werden – das ist eine große Überraschung, da man während des Workshops noch nicht sieht, wie die Becher am Ende aussehen werden. Diese Zeit braucht es aber, denn vom gegossenen Becher sind es viele Schritte bis zum fertigen Becher. Die Masse muss erstmal trocknen können, der Rand muss versäubert werden, dann wird das Produkt zunächst im Ofen gebrannt. Für eine angenehme glatte Oberfläche wird es dann geschliffen. Schließlich wird es noch glasiert und abschließend ein zweites Mal gebrannt.

Wie bist du eigentlich auf den Namen „studio muud“ gekommen?

studio muud fasst diese beiden Aspekte zusammen: „mud“ (=engl. „Schlamm“) bezieht sich auf das Material und „mood“ (= engl. „Stimmung“) sagt etwas über die Wandelbarkeit meiner Keramik aus und darüber, dass hier viel nach meinem Bauchgefühl entsteht. Es ist kreatives Wortspiel, das mir einfach gefallen hat.

Hast du eine Vision für dein Studio?

studio muud ist für mich in erster Linie ein Ort, der Leichtigkeit vermittelt. Ich bin besonders stolz darauf, dass ich den Mut habe, langsam und stressfrei zu wachsen. Ich vertraue bei diesem Projekt weitgehend meiner Intuition und orientiere mich stets an der Frage: „Fühlt sich das so jetzt gut und richtig an?“

Diese Tasse hat Annicas Sohn im Alter von fünf Jahren gefertigt. Tassen zu gestalten ist für jedes Alter spannend und erfüllend – und macht immer gute Laune

Weitere Infos zu Annica erhältst du auf Instagram @studio.muud oder per Mail unter hello@studiomuud.de

schoen.frau-Steckbrief

Annica Heilborn

Geburtsort: Münster in Westfalen

Geburtstag: 18.04.1986

Wohnort: Coburg

Ausbildung/Beruf: Ingenieurin

Was mich glücklich macht: So viel! Vor allem, wenn es im Einklang mit mir passiert.

Gründung des eigenen Business: April 2023