„Ein Leben ohne Kunst kann ich mir nicht vorstellen“

Sie hat mit ihrer Malerei schon viele Herzen weltweit erobert: Anna Kataian ist Künstlerin mit jeder Faser ihres Seins. Sie hat zahlreiche hohe Auszeichnungen für ihre Arbeiten erhalten und ist trotz ihres Erfolgs immer auf dem Boden geblieben. In Charkiw geboren und aufgewachsen, bezeichnet sie die Ukraine als ihre Heimat, ihr Zuhause aber, so sagt sie selbst, ist seit zehn Jahren Coburg. Hier lebt die 37-Jährige mit ihrem Mann und ihren beiden Söhnen und genießt die kurzen Wege, die freundlichen Menschen und nicht zuletzt die beeindruckende Architektur vieler historischer Häuser.

Anna liebt es, besondere Gebäudeensemble zu malen, das kann sie stundenlang tun, oftmals mitten auf dem Gehweg sitzend oder auf einem Platz stehend. In ihrem schönen Atelier in der Kulturfabrik in Cortendorf gibt sie seit einem Jahr Kurse und Workshops und verkauft dort auch ihre eindrucksvollen Aquarell-Bilder, die oft täuschende Ähnlichkeit mit einer Fotografie haben.

Erst kürzlich haben wir in ihrem Atelier für 13 malfreudige Frauen einen schoen.frau-Academy-Workshop veranstalten dürfen – und sind nachhaltig begeistert. Annas Malerei fasziniert, Anna selbst fasziniert. Wir wollten mehr von ihr erfahren und trafen sie zum Interview. 

Anna, seit wann lebst du in Coburg – und wie gefällt es dir hier?

Mein Mann und ich sind vor zehn Jahren aus der Ukraine nach Deutschland gezogen. Anfangs erschien uns Coburg im Vergleich zu unserer Heimatstadt Charkiw sehr klein. Und natürlich fühlte ich mich am Anfang ein wenig eingeengt, da ich an das Leben in einer Großstadt gewöhnt war. Aber für eine junge Familie mit kleinen Kindern ist Coburg ein Traum: die Stadt ist wunderschön und überschaubar. Vieles ist zu Fuß erreichbar, und es gibt so viele schöne Häuser, Ecken und Plätze, die man malen kann.

Selbstbewusst und authentisch: Anna genießt in ihrem Atelier in Cortendorf ihr Leben als Künstlerin. 

Du bist Künstlerin und Restauratorin. Konntest du deinen Beruf weiterhin ausüben, auch als junge Mutter in einer neuen Umgebung? 

Mein Mann hat mich von Anfang an in dem, was ich tue, unterstützt. Er findet meine Arbeit wunderschön und interessant und hat mir oft die Kinder abgenommen, wenn ich mal eine kreative Auszeit für mich brauchte. Aber für mich war es sowieso selbstverständlich weiter zu arbeiten, ich kann mir mein Leben gar nicht ohne Kunst vorstellen und habe nie eine Pause gemacht, auch nicht, als die Kinder geboren wurden. Wenn unsere Kinder im Kindergarten waren, habe ich zum Beispiel anderen Kindern Workshops in Kindergärten oder Schulen gegeben. Ich habe meine Malerei spielerisch in meinen Alltag einfließen lassen, habe auch mit den eigenen Kindern am Nachmittag viel gemalt und gebastelt. Und meine Familie weiß, dass ich auf Ausflügen oder Reisen immer mindestens einen kleinen Zeichenblock und ein paar Farben dabei habe, denn wer weiß, welche Motive mir begegnen könnten…(lacht).

Top ausgerüstet unterwegs: Auch auf Reisen hat Anna ihre Malsachen immer dabei. 

Du hat eben erwähnt, kreative Auszeiten zu brauchen. Wie sieht das aus?

Ich reise unglaublich gerne: Venedig, Florenz, Paris, ach, ich finde es überall so schön. Wenn ich reisen kann und meine Staffelei dabei habe, dann bin ich glücklich. Und es gibt zweierlei Arten von Reisen für mich. Wenn ich mit meiner Familie unterwegs bin, dann wissen sie, dass ich immer ein paar Stündchen am Tag für mich und meine Kunst alleine brauche, dann geht mein Mann mit unseren Söhnen zum Beispiel ins Museum, und ich setze mich auf die Straße und male (lacht). 

Die andere Art von Reisen ist für mich das ganz alleine reisen. Ich suche mir eine schöne Stadt aus, wohne dort am liebsten im Hotel und male den ganzen Tag lang. Mal auf der Straße, mal auf dem Balkon, mal im Zimmer. In dieser Zeit esse ich kaum etwas und schlafe wenig, ich male nur, tauche ein in diesen Prozess, das ist ein Traum. Am liebsten beschäftige ich mich mit historischer Architektur und auch mit Wasser – dieses Glitzern eines Flusses, das Lichtspiel auf den Wellen des Meeres, das begeistert mich. Ich kann mich auf so einer Reise künstlerisch richtig ausleben, drei oder vier Tage lang bin ich völlig im Flow. Dabei kommt es auch schon mal vor, dass ich die historischen Steine eines Gebäudes berühren und spüren möchte, so war es beim Dom von Florenz, der hat mich so beeindruckt. Diese Energie der Vergangenheit ist richtig in mich hineingeflossen (lächelt), auch wenn das vielleicht jetzt ein bisschen komisch klingt. Am nächsten Tag habe ich dieses besondere Gefühl mit meinem Pinsel zu Papier gebracht.

In Venedig – umgeben von ganz viel Wasser – hat Anna vor einigen Jahren die Liebe zum Aquarellmalen entdeckt, zuvor hat die Künstlerin überwiegend Ölbilder gemalt.

Du hast sehr viele Preise und Auszeichnungen erhalten, zuletzt sozusagen den Oskar der Malerei: Ein Bild mit New-York-Motiv wurde im Grand Palais in Paris ausgestellt. Was macht der Erfolg mit dir?

Ich freue mich einfach. Weißt du, ich male seit ich in der Grundschule bin, ich kenne nichts Anderes, ich habe niemals Tanzkurse gemacht oder Klavier oder Sport, ich habe mein ganzes Leben nur gemalt. Es ist schön, dass meine Leidenschaft von anderen gesehen wird, das macht mich glücklich. Beim weltbekannten Salon in Paris in diesem Jahr ausgewählt worden zu sein, ist natürlich kaum mit Worten zu beschreiben, das ist wahrlich eine ganz große Auszeichnung, die mich wirklich stolz gemacht hat. Insgesamt aber ist es jeden Tag ein wunderbares Gefühl zu beobachten, dass die Menschen meine Bilder aufmerksam betrachten, vor allem dann, wenn sie auch die kleinen Details in den Bildern entdecken. Gerade bei den Designtagen war das so schön, sehr sehr viele Menschen waren bei mir im Atelier zu Besuch, um meine Kunst kennenzulernen (strahlt).

Dankbar für ihr Schaffen: Anna ist happy, wenn sie in ihrem Atelier ist – umgeben von all der guten Energie, die aus ihren Bildern spricht. Gerne möchte sie in Zukunft dort noch mehr Menschen um sich haben, aktuell träumt sie von zukünftigen Themenabenden rund um Künstler:innen wie etwa Frida Kahlo.

Dein Atelier ist ein besonderer Ort, das durften wir kürzlich auch erleben…

Mein Atelier ist für mich ein Traum, es war ein echter Glücksgriff, diesen Raum gefunden zu haben. Ich habe dort ganz viel selbst mit meinen Händen gemacht und alles nach meinen Vorstellungen und Farbwünschen eingerichtet. Es gibt Tage, da komme ich in mein Atelier und mache gar nichts, außer chillen (lacht). Ich sitze da und beobachte und genieße, was ich mir geschaffen habe, mir gefällt darin wirklich alles. Besonders schön finde ich es, wenn Lichtstrahlen durch die großen Fenster ins Atelier fallen, das sind ganz besondere Momente für mich. Licht – und auch Schatten – spielt in meiner Kunst eine große Rolle, beides zusammen verleiht dem Bild erst Leben.

Wie würdest du dich als Künstlerin selbst beschreiben?

Ich schwebe nicht über den Dingen, und ich bin nicht zu genial (lacht). Mein Geheimnis ist glaube ich, dass ich die Dinge manchmal anders sehe als die meisten Menschen. Ich kann superschöne Kleinigkeiten überall entdecken. Ich gehe sehr aufmerksam durchs Leben und schaue sehr genau hin, egal, wo ich gerade bin. Das versuche ich auch meinen Kindern beizubringen, den Blick für die kleinen Dinge zu haben.

Von diesen kleinen Details sprichst au auch in deinen Kunstwerken…

Ja, du wirst immer mindestens drei Punkte oder Striche in meinen Bildern finden, die rot sind. Rot ist meine Lieblingsfarbe. Aber ich hüte sie wie einen Schatz, verwende sie ganz ausgewählt nur für Kleinigkeiten. Was immer rot ist, das ist meine Signatur. Warum ich rot so liebe? Vielleicht weil es die Farbe der Liebe und der Leidenschaft ist. Und daran glaube ich, allem Leid dieser Welt zum Trotze.

Fotos: Michael von Aichberger; Olga Solovei, privat

Du willst mehr von Annas Kunst erfahren? Möchtest sie gerne einmal in ihrem Atelier für einen ihrer zahlreichen Workshops besuchen? Dann schaue auf ihren Instagram-Kanal @anna_kataian (über 72.000 Follower!) und schreibe ihr eine DM. Oder besuche ihre Website www.annakataian.com

P.S: Anna spricht gut Deutsch, auch, wenn sie auf Instagram fast nur auf Ukrainisch schreibt und die Website in englischer Sprache ist.

schoen.frau-Steckbrief

Anna Kataian

Geburtstag: 25.05.1987

Geburtsort: Charkiw, Ukraine

Ausbildung/Beruf: Künstlerin und Restauratorin. Staatliche Akademie für Design und Kunst in Charkiw

Was macht dich glücklich? Ich liebe es, zu reisen und aus jedem neuen Ort nicht nur unvergessliche Eindrücke, sondern auch wunderschöne Bilder mit nach Hause zu bringen. Besonders glücklich bin ich, wenn ich Zeit mit meiner Familie verbringen kann – ihre Nähe gibt mir Wärme und Freude. 

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Anna Kataian

Geburtstag: 25.05.1987

Geburtsort: Charkiw, Ukraine

Ausbildung/Beruf: Künstlerin und Restauratorin. Staatliche Akademie für Design und Kunst in Charkiw

Was macht dich glücklich? Ich liebe es, zu reisen und aus jedem neuen Ort nicht nur unvergessliche Eindrücke, sondern auch wunderschöne Bilder mit nach Hause zu bringen. Besonders glücklich bin ich, wenn ich Zeit mit meiner Familie verbringen kann – ihre Nähe gibt mir Wärme und Freude. 

Das Interview führte Christina, die von Annas Talent ganz hingerissen ist. Das Feingefühl und die Liebe zum Detail zeichnet Anna nicht nur in ihren Bildern aus, die Künstlerin ist dankbar für all die schönen Momente, die ihr das Leben bietet – abseits von ihren schmerzlichen Gedanken rund um den Krieg in ihrer Heimatstadt Charkiw. Darüber zu reden fällt Anna schwer, deswegen haben wir den Fokus im Interview auf das gelegt, was sie sich selbst gewünscht hat: Die Freude am Reisen und Malen. Für ihren inneren Frieden.

 

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